
Verschiedene Beziehungen
Die Landkarte unserer Verbindungen
In unserem Leben weben wir ein komplexes Netz aus Beziehungen – zu unseren Partnern, unseren Freunden, unserer Familie und nicht zuletzt zu uns selbst. Jede dieser Verbindungen trägt ihre eigene Farbe, ihre eigene Sprache und ihre eigenen Herausforderungen.
In diesem Raum erkunden wir die verschiedenen Landschaften unserer Beziehungen. Wir betrachten die Tiefe der Partnerschaft, die Kostbarkeit echter Freundschaft und die vielleicht wichtigste Verbindung von allen – die zu unserem eigenen Herzen.
Hier findest du einfühlsame Gedanken, praktische Impulse und ehrliche Reflektionen, die dich einladen, deine eigenen Beziehungen mit frischen Augen zu betrachten – mit mehr Bewusstheit, Tiefe und Authentizität.
07.05.2025
Die Dreifaltigkeit unserer Beziehungen
Es gibt eine besondere Magie in der Art, wie Beziehungen unser Leben formen. Sie sind die unsichtbaren Fäden, die das Gewebe unseres Daseins bilden – manchmal sanft und tragend, manchmal herausfordernd und spannungsgeladen. Und doch sind sie es, die unserem Leben Tiefe, Bedeutung und Farbe verleihen.
Die Partnerschaft: Der Tanz zu zweit
Eine Partnerschaft ist wie ein langer Tanz. Manchmal bewegen wir uns in perfekter Harmonie, im nächsten Moment treten wir uns auf die Füße. Es gibt Phasen intensiver Nähe und solche der Distanz. Momente tiefen Verständnisses und solche der Verwirrung.
Vielleicht liegt das Geheimnis einer erfüllenden Partnerschaft weniger in der perfekten Übereinstimmung als in der Bereitschaft, immer wieder zum gemeinsamen Tanz zurückzukehren. Nicht weil es immer leicht ist, sondern weil wir entschieden haben, dass dieser Mensch es wert ist – mit all seinen Unvollkommenheiten, seinen Eigenheiten, seinen Schatten und seinem Licht.
Eine reife Partnerschaft erkennt an, dass Liebe keine Zauberkraft ist, die Probleme von selbst löst. Sie ist vielmehr eine tägliche Entscheidung: für Ehrlichkeit statt Bequemlichkeit. Für Offenheit statt Rückzug. Für das Wachstum zu zweit statt der Erstarrung nebeneinander.
Die Freundschaft: Der Garten der Herzensverbindungen
Wenn die Partnerschaft ein Tanz ist, dann ist Freundschaft ein Garten, den wir gemeinsam bestellen. Manche Freundschaften sind wie alte Eichen – tief verwurzelt, Schutz spendend, über Jahrzehnte gewachsen. Andere gleichen eher Wildblumen – überraschend, saisonal, intensiv in ihrer Schönheit.
In einer Welt, die oft nur das Romantische idealisiert, unterschätzen wir häufig die tiefe Bedeutung von Freundschaften. Dabei sind sie es oft, die uns durch die stürmischsten Kapitel unseres Lebens tragen. Die uns spiegeln. Die uns herausfordern. Die uns kennen und trotzdem mögen.
Wahre Freundschaft lebt von einer besonderen Art der Verbindlichkeit. Nicht von der exklusiven Verbindlichkeit der Partnerschaft, sondern von einer widerstandsfähigen Verlässlichkeit, die auch längere Pausen und Veränderungen übersteht.
Die Beziehung zu dir selbst: Der Urquell aller Verbindungen
Die vielleicht am meisten übersehene und doch fundamentalste aller Beziehungen ist die zu uns selbst. Sie ist der Boden, auf dem alle anderen Verbindungen wachsen.
Wie sprichst du mit dir, wenn niemand zuhört? Mit welchen Augen betrachtest du deine Fehler? Welche Teile von dir warten noch darauf, wirklich gesehen und angenommen zu werden?
Eine liebevolle Beziehung zu sich selbst zu entwickeln ist keine Selbstverständlichkeit – besonders für Frauen, die oft darin sozialisiert wurden, die Bedürfnisse anderer über die eigenen zu stellen. Es ist ein Prozess des Kennenlernens, des Vergebens und des Annehmens.
Es bedeutet, dir selbst die Erlaubnis zu geben, unvollkommen zu sein. Grenzen zu setzen. Deine Wahrheit zu sprechen, auch wenn sie unbequem ist. Es bedeutet, dich selbst als würdig zu betrachten – nicht wegen deiner Leistungen, deiner Rollen oder deiner Beziehungen, sondern einfach, weil du bist.
Die Verbindung der drei Welten
Diese drei Beziehungsformen – Partnerschaft, Freundschaft und Selbstbeziehung – existieren nicht isoliert voneinander. Sie nähren und beeinflussen sich gegenseitig in einem ständigen Fluss.
Wenn wir lernen, uns selbst mit Mitgefühl zu begegnen, verändert sich auch, wie wir Beziehungen leben. Wenn wir in Freundschaften Authentizität erfahren, kann dies unsere Partnerschaft bereichern. Und wenn wir in der Partnerschaft wachsen, spiegelt sich dies oft in einem tieferen Verständnis unserer selbst wider.
Vielleicht liegt darin eine der schönsten Erkenntnisse: Jede Beziehung, die wir mit Bewusstheit und Offenheit leben, trägt das Potenzial in sich, alle anderen Verbindungen in unserem Leben zu vertiefen und zu bereichern.
Welche dieser drei Beziehungsformen fordert dich gerade am meisten heraus? Und in welcher findest du derzeit am meisten Kraft?
16.05.2025
Einfühlsame Gedanken über Partnerschaft, Freundschaft und die wichtigste Beziehung -
die zu dir selbst
Liebe Leserin,
wenn du diese Zeilen liest, hast du vermutlich schon einige Jahrzehnte Beziehungserfahrung hinter dir. Du kennst die Höhen und Tiefen der Liebe, die Wendepunkte in Freundschaften, die stillen Momente der Selbstreflexion. Mit jedem Jahr unseres Lebens werden unsere Beziehungsgeflechte komplexer, tiefer und – wenn wir Glück haben – auch wahrhaftiger.
In unserer Lebensmitte verändert sich oft unsere Perspektive auf Beziehungen. Was einst selbstverständlich schien, erscheint plötzlich in neuem Licht. Was uns früher wichtig war, tritt in den Hintergrund, während andere Aspekte an Bedeutung gewinnen. Es ist, als würden wir eine neue Brille aufsetzen – eine, die uns erlaubt, klarer zu sehen, was uns wirklich nährt und was uns Energie raubt.
Heute möchte ich mit dir über die drei Beziehungsformen nachdenken, die unser Leben am tiefsten prägen: die Partnerschaft, die Freundschaft und die Beziehung zu uns selbst. Jede dieser Beziehungen trägt auf ihre Weise zu unserem Wohlbefinden bei, jede hat ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten, und jede verdient in dieser Lebensphase besondere Aufmerksamkeit.
Partnerschaft im Wandel der Zeit
Ob du seit Jahrzehnten mit demselben Menschen zusammen bist, ob du nach einer Trennung einen neuen Partner gefunden hast, ob du allein lebst oder in einer unkonventionellen Beziehungsform – die Art, wie wir Partnerschaft in der zweiten Lebenshälfte erleben, unterscheidet sich oft grundlegend von unseren früheren Erfahrungen.
Die langjährige Beziehung: Wenn die Glut unter der Asche glimmt
Vor einigen Monaten saß ich mit meiner Freundin Claudia bei einem Glas Wein auf ihrer Terrasse. Sie und ihr Mann Thomas sind seit 28 Jahren verheiratet. "Weißt du", sagte sie nachdenklich, "früher dachte ich immer, eine gute Ehe müsste ständig prickelnd sein, wie in den ersten Jahren. Heute weiß ich, dass es viel mehr um diese tiefe Vertrautheit geht, die sich nur über Jahre entwickeln kann."
Diese Vertrautheit – dieses tiefe Wissen um den anderen, das gemeinsame Durchleben von Krisen, die geteilten Erinnerungen – ist ein Schatz, der sich nicht erzwingen lässt, sondern nur über die Zeit wachsen kann. Gleichzeitig birgt gerade diese Vertrautheit die Gefahr, dass wir aufhören, einander wirklich zu sehen.
"Nach dem Auszug unseres jüngsten Kindes hatten Thomas und ich plötzlich wieder Zeit füreinander – und wussten zunächst gar nicht, was wir damit anfangen sollten," erzählte Claudia weiter. "Es war, als müssten wir uns neu kennenlernen. Nicht als Eltern, nicht als Organisationsteam unseres Familienalltags, sondern einfach als Mann und Frau."
Dieser Prozess des Neukennenlernen kann herausfordernd sein, aber er birgt auch wunderbare Chancen. Wie Claudia es ausdrückt: "Wir entdecken gerade, dass unter der gemütlichen Alltagsglut noch immer Funken der Leidenschaft glimmen. Sie zeigen sich anders als früher – subtiler, tiefer, bewusster. Aber sie sind da, wenn wir ihnen Raum geben."
Für langjährige Beziehungen in unserer Lebensmitte kann es wertvoll sein, bewusst neue gemeinsame Erfahrungen zu schaffen. Neue Hobbys zu entdecken, gemeinsam zu reisen, oder auch nur einen wöchentlichen "Date-Abend" einzuführen, bei dem der Alltag draußen bleibt. Diese bewussten Unterbrechungen des Gewohnten können die Augen wieder füreinander öffnen.
Neuanfänge: Wenn die Liebe uns in der zweiten Lebenshälfte überrascht
Nicht jede von uns ist in einer langjährigen Beziehung. Manche haben sich getrennt oder sind verwitwet, andere haben vielleicht nie die passende Partnerschaft gefunden. Und manchmal überrascht uns die Liebe gerade dann, wenn wir sie am wenigsten erwarten.
Meine Cousine Sabine, 54 und seit fünf Jahren geschieden, erzählte mir kürzlich von ihrer neuen Beziehung. "Ich hatte mich schon damit abgefunden, allein zu bleiben," sagte sie. "Ich hatte mein Leben eingerichtet, genoss meine Unabhängigkeit und dachte, das Kapitel Partnerschaft sei für mich abgeschlossen. Und dann traf ich Michael beim Wandern, und alles war anders."
Anders – aber nicht wie in jungen Jahren. "Mit Mitte Fünfzig liebe ich bewusster," reflektierte Sabine. "Ich kenne mich selbst besser, weiß klarer, was ich brauche und was ich geben kann. Ich habe nicht mehr diese rosarote Brille auf, durch die ich früher geschaut habe. Stattdessen sehe ich den anderen Menschen mit all seinen Ecken und Kanten – und entscheide mich trotzdem jeden Tag neu für ihn."
Diese bewusste Liebe, die aus der Lebenserfahrung heraus wächst, hat ihre eigene Tiefe und Schönheit. Sie ist weniger von Hormonen und gesellschaftlichen Erwartungen getrieben und mehr von der Freude am gemeinsamen Weg. Sie kennt den Wert der Zeit und verschwendet sie nicht mit Spielchen oder unrealistischen Vorstellungen.
Eine neue Liebe in der Lebensmitte bringt natürlich auch Herausforderungen mit sich. Zwei erwachsene Menschen mit eigenen Lebensgeschichten, Gewohnheiten und oft auch Kindern oder Enkeln müssen ihren gemeinsamen Rhythmus finden. "Wir gehen es langsam an," sagte Sabine. "Jeder behält seine Wohnung, wir verbringen die Wochenenden zusammen. Vielleicht ziehen wir irgendwann zusammen, vielleicht auch nicht. Das Schöne ist: Wir müssen nichts überstürzen. Wir können den Weg gemeinsam entdecken."
Allein leben – und verbunden sein
Für manche von uns ist das Alleinsein keine Übergangsphase, sondern eine bewusste Lebensform. Sei es nach einer Trennung, dem Tod des Partners oder weil wir nie die passende Beziehung gefunden haben – das Leben ohne feste Partnerschaft kann in der zweiten Lebenshälfte zu einer erfüllenden und bereichernden Erfahrung werden.
Meine Freundin Ingrid, 61 und seit fast zwei Jahrzehnten alleinstehend, drückte es so aus: "Nach meiner Scheidung mit 42 dachte ich, ich müsste unbedingt wieder einen Partner finden. Ich fühlte mich unvollständig, wie ein halber Mensch. Es hat Jahre gedauert, bis ich erkannte, dass ich vollständig bin – mit oder ohne Beziehung."
Diese Erkenntnis hat ihr Leben verändert. Statt verzweifelt nach einem neuen Partner zu suchen, begann sie, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten. Sie reiste, nahm ein Studium auf, gründete einen Lesekreis und baute tiefe Freundschaften auf.
"Natürlich gibt es Momente, in denen ich mir Nähe und Intimität wünsche," gab sie zu. "Aber diese Momente definieren mich nicht. Sie sind Teil meines Lebens, wie Regentage Teil eines Sommers sind. Ich habe gelernt, auch die Regentage zu schätzen – und weiß, dass nach ihnen wieder die Sonne scheint, auf die eine oder andere Weise."
Allein zu leben bedeutet nicht, auf Beziehungen zu verzichten. Es bedeutet, ein Netz von Verbindungen zu knüpfen, die uns auf verschiedene Weise nähren – Freundschaften, Familienbeziehungen, Gemeinschaften, in denen wir uns engagieren, und ja, manchmal auch Begegnungen, die Nähe und Intimität schenken, ohne gleich den Anspruch einer lebenslangen Partnerschaft zu erheben.
Freundschaft – der unterschätzte Schatz
In unserer Gesellschaft wird oft die romantische Liebe auf ein Podest gehoben, während Freundschaften als "zweitrangige" Beziehungen betrachtet werden. Doch gerade in der Lebensmitte erkennen viele von uns, welchen unschätzbaren Wert tiefe, authentische Freundschaften haben.
Die Freundinnen, die mit uns durch dick und dünn gehen
Es gibt diese besonderen Freundschaften, die uns seit Jahrzehnten begleiten. Freundinnen, die uns in unseren verschiedenen Lebensphasen gesehen haben – als junge Frauen, als frischgebackene Mütter, bei Karrieresprüngen und Lebenskrisen. Sie kennen unsere Geschichte, oft besser als wir selbst. Sie erinnern uns an Teile von uns, die wir vielleicht vergessen haben.
"Meine Freundin Beate ist wie ein Spiegel für mich," erzählte mir eine Teilnehmerin eines Schreibworkshops. "Wenn ich mich selbst zu ernst nehme oder in alten Mustern gefangen bin, bringt sie mich mit einer einzigen Bemerkung zum Lachen – und zur Besinnung. Sie kennt mich seit 35 Jahren und erinnert mich daran, wer ich wirklich bin, jenseits aller Rollen und Masken."
Diese langjährigen Freundschaften zu pflegen ist eine der besten Investitionen, die wir machen können. Sie bieten uns Kontinuität in einer sich ständig verändernden Welt und die seltene Erfahrung, wirklich gesehen und verstanden zu werden.
Doch wie alle Beziehungen brauchen auch diese Freundschaften Pflege. Der Alltag, geografische Distanzen oder unterschiedliche Lebensphasen können uns auseinandertreiben, wenn wir nicht bewusst gegensteuern. Regelmäßige Treffen, Telefonanrufe, gemeinsame Reisen oder auch nur der Austausch kleiner Alltagsmomente per Nachricht – all das hält die Verbindung lebendig.
Neue Freundschaften in der Lebensmitte – eine besondere Qualität
Neben den langjährigen Freundschaften gibt es etwas ebenso Wertvolles: die neuen Freundinnen, die in unserer jetzigen Lebensphase in unser Leben treten. Menschen, die uns nicht durch die Geschichte kennen, sondern uns so begegnen, wie wir jetzt sind.
"Als ich mit Mitte Fünfzig in eine neue Stadt zog, hatte ich Angst, keine neuen Freundinnen mehr zu finden," erzählte mir Helga. "In diesem Alter sind doch alle Freundschaften schon geschlossen, dachte ich. Wie falsch ich lag! Im Chor, den ich kurz nach dem Umzug entdeckte, fand ich nicht nur Gleichgesinnte, sondern echte Seelenverwandte – Frauen, mit denen ich auf einer Ebene verbunden bin, die ich in meinen alten Freundschaften teilweise vermisst hatte."
Diese neuen Freundschaften haben eine besondere Qualität. Sie basieren weniger auf gemeinsamer Geschichte und mehr auf gemeinsamen Interessen, Werten und Lebenseinstellungen. Sie bringen frische Perspektiven in unser Leben und spiegeln uns, wer wir heute sind – nicht, wer wir vor zwanzig oder dreißig Jahren waren.
Um für solche neuen Verbindungen offen zu sein, ist es hilfreich, den eigenen Interessen zu folgen und Räume aufzusuchen, in denen wir Gleichgesinnte treffen können: Kurse, Vereine, spirituelle Gemeinschaften, Ehrenämter oder auch Online-Gruppen zu Themen, die uns am Herzen liegen.
Freundschaften wandeln sich – und das ist in Ordnung
Nicht alle Freundschaften begleiten uns ein Leben lang, und das ist in Ordnung. Manche Beziehungen erfüllen ihren Zweck in einer bestimmten Lebensphase und lösen sich dann auf natürliche Weise.
"Als meine Kinder klein waren, hatte ich einen engen Kreis von Müttern um mich," erzählte eine Leserin in einer Diskussionsrunde. "Wir teilten den Alltag mit Kleinkindern, unterstützten uns gegenseitig, verstanden die Freuden und Herausforderungen dieser Zeit. Heute, wo unsere Kinder erwachsen sind, haben wir uns auseinandergelebt. Nicht aus Böswilligkeit, sondern weil wir unterschiedliche Wege eingeschlagen haben. Ich trauere diesen Freundschaften manchmal nach, aber ich weiß auch, dass sie zu ihrer Zeit wertvoll und richtig waren."
Diese Einsicht – dass manche Freundschaften kommen und gehen dürfen – kann sehr befreiend sein. Sie erlaubt uns, jeden Kontakt für das zu schätzen, was er ist, ohne krampfhaft an Beziehungen festzuhalten, die sich überlebt haben.
Die wichtigste Beziehung – die zu dir selbst
Bei all den wertvollen Verbindungen zu anderen Menschen gibt es eine Beziehung, die oft übersehen wird, obwohl sie die Grundlage für alle anderen ist: die Beziehung zu uns selbst. Sie ist die längste Beziehung unseres Lebens – wir sind vom ersten bis zum letzten Atemzug mit uns selbst zusammen.
Von der Selbstkritik zur Selbstfreundschaft
Viele von uns, besonders Frauen, haben ein kompliziertes Verhältnis zu sich selbst. Wir neigen dazu, strenger mit uns zu sein als mit jedem anderen Menschen. Wir kritisieren unser Aussehen, unsere Leistungen, unsere Entscheidungen. Wir vergleichen uns mit anderen und finden uns oft zu wenig: nicht schlank genug, nicht erfolgreich genug, nicht jung genug.
"Ich habe Jahrzehnte damit verbracht, mit mir selbst zu hadern," erzählte Sarah. "Erst mit Anfang Fünfzig begann ich zu verstehen, dass diese ständige Selbstkritik mich nicht voranbringt, sondern mich auslaugt. Es war, als hätte ich eine unerbittliche innere Kritikerin als ständige Begleiterin – würde ich so mit einer Freundin sprechen? Niemals!"
Diese Erkenntnis markierte den Beginn einer neuen Beziehung zu sich selbst. Statt Selbstkritik begann sie, Selbstfreundschaft zu üben – eine grundlegende Haltung des Wohlwollens und der Fürsorglichkeit sich selbst gegenüber.
Selbstfreundschaft bedeutet nicht, uns selbst für perfekt zu halten oder Fehler zu ignorieren. Es bedeutet, uns mit denselben Augen zu betrachten, mit denen wir einen geliebten Menschen sehen würden: mit Verständnis für unsere Schwächen, mit Anerkennung für unsere Stärken, mit Mitgefühl für unsere Schmerzen und mit Freude über unsere Erfolge.
Die Kunst, mit sich selbst allein zu sein
Ein Aspekt der Beziehung zu uns selbst, der in der Lebensmitte besondere Bedeutung gewinnt, ist die Fähigkeit, gut mit uns allein zu sein. Sei es durch den Auszug der Kinder, eine Trennung oder einfach durch mehr freie Zeit – viele von uns finden sich in dieser Lebensphase häufiger in der eigenen Gesellschaft wieder.
"Nach meiner Scheidung hatte ich Angst vor der Stille in meiner Wohnung," erzählte eine Freundin. "Ich hielt ständig den Fernseher an, telefonierte oder lud Freunde ein – alles, um nicht allein mit mir sein zu müssen. Bis ich eines Tages erkannte, dass ich vor mir selbst davonlief. Vor meinen unbequemen Gefühlen, meinen unerfüllten Sehnsüchten, meiner Trauer."
Der Wendepunkt kam, als sie begann, die Einsamkeit nicht mehr zu bekämpfen, sondern sie bewusst anzunehmen. "Ich fing an, kleine Rituale für mich selbst zu schaffen. Einen Tee in meiner Lieblingstasse, ein Bad bei Kerzenschein, ein Spaziergang in der Morgendämmerung. Langsam entdeckte ich, dass die Stille nicht mein Feind war, sondern ein Raum, in dem ich mich selbst neu kennenlernen konnte."
Diese Fähigkeit, die eigene Gesellschaft zu genießen, ist ein unschätzbares Geschenk. Sie befreit uns von der Abhängigkeit von äußerer Bestätigung und Unterhaltung. Sie öffnet Räume für Kreativität, Reflexion und inneres Wachstum. Und sie erlaubt uns, aus einer Position der inneren Fülle heraus in Beziehung zu anderen zu treten – nicht aus einem Gefühl des Mangels.
Selbstfürsorge ist keine Selbstsucht
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Beziehung zu uns selbst ist die Selbstfürsorge – die bewusste Entscheidung, gut für uns zu sorgen, auf unsere Bedürfnisse zu achten und Grenzen zu setzen, wenn nötig.
Besonders Frauen unserer Generation haben oft gelernt, die Bedürfnisse anderer über die eigenen zu stellen. Selbstfürsorge wurde als egoistisch oder luxuriös betrachtet, als etwas, das wir uns erst "verdienen" müssen, nachdem wir für alle anderen gesorgt haben.
"Meine Mutter hat sich buchstäblich aufgeopfert für die Familie," erzählte eine 58-jährige Teilnehmerin eines Retreats. "Sie war immer die Letzte, die aß, die Letzte, die schlief, die Letzte, die sich etwas gönnte. Ich dachte lange, das sei das Ideal einer guten Frau. Heute weiß ich, dass sie ein besseres Vorbild gewesen wäre, wenn sie uns gezeigt hätte, wie man auch für sich selbst gut sorgt."
Selbstfürsorge ist keine Selbstsucht. Sie ist die Grundlage für ein gesundes, erfülltes Leben und für die Fähigkeit, auch für andere da zu sein. Wie in den Sicherheitsanweisungen im Flugzeug: Erst wenn wir unsere eigene Sauerstoffmaske aufgesetzt haben, können wir anderen helfen.
Ein Beziehungs-Ritual für dich
Zum Abschluss möchte ich dir ein kleines, aber kraftvolles Ritual anbieten, das dir helfen kann, deine verschiedenen Beziehungen bewusster zu gestalten und zu pflegen.
Das Drei-Kreise-Ritual
Du brauchst:
- Ein ruhiges, ungestörtes Plätzchen
- Ein Blatt Papier und einen Stift
- 30 Minuten Zeit für dich
So geht's:
- Zeichne drei Kreise auf dein Blatt
Einen für "Partnerschaft", einen für "Freundschaft" und einen für "Selbstbeziehung". - Die Bestandsaufnahme
Nimm dir für jeden Kreis etwa 5 Minuten Zeit und notiere:- Was nährt und stärkt mich in dieser Beziehungsform?
- Was kostet mich Energie oder belastet mich?
- Was vermisse ich oder wünsche ich mir mehr?
- Der Dankbarkeitsmoment
Schließe die Augen und rufe dir für jeden Bereich mindestens drei Dinge in Erinnerung, für die du dankbar bist. Spüre diese Dankbarkeit bewusst. - Die konkrete Intention
Entscheide für jeden Bereich eine kleine, konkrete Handlung, die du in der kommenden Woche umsetzen möchtest, um diese Beziehungsform zu stärken. Zum Beispiel:- Partnerschaft: Einen Abend ohne Handy und Fernseher verbringen, nur im Gespräch
- Freundschaft: Eine alte Freundin anrufen oder einer neuen Bekanntschaft eine Nachricht schreiben
- Selbstbeziehung: Dir jeden Tag 15 Minuten bewusste "Ich-Zeit" nehmen für etwas, das dich nährt
- Die symbolische Verbindung
Verbinde die drei Kreise mit Linien und verweile einen Moment bei dem Gedanken, dass all diese Beziehungen miteinander verwoben sind und sich gegenseitig beeinflussen.
Dieses einfache Ritual kannst du regelmäßig wiederholen – vielleicht monatlich oder zu besonderen Anlässen wie deinem Geburtstag oder zum Jahreswechsel. Es hilft dir, inne zu halten und bewusst wahrzunehmen, wie es um deine Beziehungen bestellt ist, anstatt sie einfach geschehen zu lassen.
Ein Abschlusswort an dich
Liebe Leserin, als Frauen in und nach der Lebensmitte haben wir die besondere Chance, unsere Beziehungen bewusster und authentischer zu gestalten als je zuvor. Wir kennen unsere Bedürfnisse besser, haben aus Erfahrungen gelernt und sind oft bereiter, für das einzustehen, was uns wirklich wichtig ist.
Ob in der Partnerschaft, in Freundschaften oder in der Beziehung zu uns selbst – wir können jetzt die Früchte unserer Lebenserfahrung ernten und Verbindungen schaffen, die uns wirklich nähren und bereichern.
Ich wünsche dir, dass du die Beziehungen in deinem Leben mit neuen Augen betrachtest und den Mut findest, sie so zu gestalten, dass sie deinem jetzigen Selbst entsprechen – nicht dem von vor zwanzig Jahren, nicht dem, das die Gesellschaft von dir erwartet, sondern der Frau, die du heute bist, mit all ihrer Weisheit, ihrer Tiefe und ihrer einzigartigen Schönheit.
In herzlicher Verbundenheit, Deine Sehnsuchtsmomente-Redaktion
P.S.: Welche deiner Beziehungen bereitet dir derzeit die größte Freude? Und welche fordert dich am meisten heraus? Ich würde mich freuen, wenn du deine Gedanken in den Kommentaren teilst.
August 2025
Wenn Freundschaften schweigen – Der Umgang mit veränderten Verbindungen
Über das Ende von Freundschaften, die sich überlebt haben, und wie wir loslassen können, ohne zu verurteilen
Liebe Leserin,
hast du schon einmal vor dem Handy gestanden und den Namen einer alten Freundin angestarrt? Du wolltest schreiben, anrufen, Kontakt aufnehmen – aber etwas hielt dich zurück. Nicht Ärger, nicht Verletzung, sondern dieses seltsame Gefühl der Fremdheit. Als wäre zwischen euch beiden ein unsichtbarer Vorhang gefallen, der das, was einmal so vertraut war, in weite Ferne gerückt hat.
In unserer Lebensmitte erleben viele von uns diese stillen Abschiede von Freundschaften. Nicht die dramatischen Brüche mit Streit und Vorwürfen, sondern das leise Verstummen von Verbindungen, die uns einmal wichtig waren. Es ist, als würden sich unsere Lebenswege unmerklich voneinander entfernen, bis wir eines Tages feststellen: Da ist nur noch Schweigen, wo einmal lebendiger Austausch war.
Heute möchte ich mit dir über diese besonderen Abschiede nachdenken – über Freundschaften, die sich überlebt haben, und darüber, wie wir lernen können, sie mit Würde und ohne Verurteilung ziehen zu lassen.
Das Schweigen zwischen den Zeilen
Es beginnt oft unmerklich. Die Anrufe werden seltener, die Nachrichten kürzer. Wo früher spontane Treffen stattfanden, müssen nun Termine wochenlang im Voraus geplant werden. Und wenn ihr euch dann endlich seht, fehlt etwas – die Leichtigkeit, die Selbstverständlichkeit, das Gefühl, wirklich verstanden zu werden.
"Mit Petra war ich fünfzehn Jahre lang wie Pech und Schwefel," erzählte mir Marianne, 52, bei einem unserer Gespräche. "Wir teilten alles: die Höhen und Tiefen unserer Ehen, die Sorgen um die Kinder, die beruflichen Herausforderungen. Aber irgendwann, ich kann gar nicht sagen wann genau, merkten wir beide, dass wir uns nichts mehr zu sagen hatten. Nicht aus Böswilligkeit, sondern weil wir einfach unterschiedliche Menschen geworden waren."
Diese Erfahrung ist schmerzhaft, aber sie ist auch zutiefst menschlich. Wir verändern uns – unsere Interessen, unsere Werte, unsere Prioritäten. Was uns in einer Lebensphase verband, kann in einer anderen bedeutungslos werden. Dort, wo wir früher Gemeinsamkeiten fanden, klaffen plötzlich Welten.
Das Schwierige daran ist, dass niemand Schuld trägt. Es gibt keinen Schuldigen, keinen Grund zur Anklage. Es ist einfach das Leben, das uns in verschiedene Richtungen geführt hat.
Wenn gemeinsame Erinnerungen nicht mehr reichen
Manche Freundschaften leben hauptsächlich von gemeinsamen Erinnerungen. Ihr kennt euch seit Jahrzehnten, habt zusammen gelacht, geweint, Krisen überstanden. Diese Geschichte verbindet euch – aber ist sie genug, um eine lebendige Beziehung in der Gegenwart zu nähren?
"Immer wenn ich mich mit Julia traf, redeten wir nur über die alten Zeiten," erzählte mir Claudia. "Über unsere Studienzeit, über die Jahre, als unsere Kinder klein waren. Aber über das, was uns heute beschäftigt, über unsere jetzigen Träume und Sorgen – darüber sprachen wir kaum noch. Es war, als lebten wir in verschiedenen Welten, die nur durch Erinnerungen verbunden waren."
Diese Erkenntnis kann ernüchternd sein. Erinnerungen sind wertvoll, aber sie können eine Freundschaft nicht allein am Leben erhalten. Eine lebendige Beziehung braucht auch gemeinsame Gegenwart, geteilte Interessen, die Fähigkeit, einander in dem zu sehen und zu verstehen, was wir heute sind.
Manchmal erkennen wir, dass wir an einer Freundschaft festhalten, nicht weil sie uns heute noch nährt, sondern weil wir uns verpflichtet fühlen – der Vergangenheit gegenüber, der Person gegenüber, die wir einmal waren, oder dem Bild gegenüber, das andere von uns als "treue Freundin" haben.
Die verschiedenen Arten des Verstummens
Nicht alle Freundschaften enden auf dieselbe Weise. Manchmal ist es ein allmähliches Auseinanderdriften, manchmal ein plötzliches Erkennen der Entfremdung. Manchmal liegt es an äußeren Umständen – einem Umzug, einem Jobwechsel, veränderten Lebensumständen. Manchmal an inneren Veränderungen – wir entwickeln uns in verschiedene Richtungen, entdecken neue Seiten an uns, die mit der alten Freundschaft nicht kompatibel sind.
"Nach meiner Scheidung merkte ich, dass viele meiner Paarfreundschaften nicht mehr funktionierten," erzählte Susanne. "Nicht weil jemand böse war, sondern weil sich die Dynamik völlig verändert hatte. Als Paar war ich ein anderer Mensch gewesen, und manche Freundschaften basierten auf dieser Version von mir. Als ich wieder allein war, passte ich nicht mehr in diese Konstellation."
Dann gibt es die Freundschaften, die an unterschiedlichen Lebenswegen zerbrechen. Die eine Freundin wird Großmutter und schwelgt in dieser Rolle, während die andere kinderlos ist und sich in dieser Begeisterung nicht wiederfinden kann. Eine macht eine spirituelle Entwicklung durch, während die andere damit nichts anfangen kann. Eine kämpft mit einer Krankheit, während die andere das Leid nicht aushält und sich zurückzieht.
Diese Unterschiede müssen keine Freundschaft beenden, aber manchmal tun sie es. Und das ist okay.
Die Kunst des Loslassens ohne Verurteilung
Das Schwierigste am Ende einer Freundschaft ist oft nicht der Verlust selbst, sondern der Umgang mit den Gefühlen, die er auslöst. Wir fühlen uns schuldig: "Hätte ich mehr Mühe geben sollen?" Wir sind enttäuscht: "Nach all den Jahren bedeute ich ihr gar nichts mehr?" Wir verurteilen: "Sie ist oberflächlich geworden" oder "Sie versteht mich einfach nicht."
Aber was wäre, wenn wir stattdessen lernen könnten, mit Dankbarkeit und Frieden loszulassen?
"Als ich erkannte, dass die Freundschaft zu Regina sich überlebt hatte, war mein erster Impuls, sie zu retten," erzählte mir Barbara. "Ich organisierte Treffen, schrieb längere Nachrichten, versuchte die alte Intimität wiederzuherstellen. Aber es fühlte sich erzwungen an, anstrengend. Bis ich verstand: Manchmal ist das Ende einer Freundschaft nicht ein Versagen, sondern eine natürliche Vollendung."
Diese Perspektive kann befreiend sein. Statt das Ende als Scheitern zu betrachten, können wir es als natürlichen Abschluss eines Lebenskapitels sehen. Die Freundschaft hat ihren Zweck erfüllt, hat uns in einer bestimmten Lebensphase begleitet und bereichert. Jetzt ist es Zeit, dankbar loszulassen und Raum für neue Verbindungen zu schaffen.
Dankbarkeit für das Gewesene
Eine der heilsamsten Übungen im Umgang mit zu Ende gehenden Freundschaften ist die bewusste Dankbarkeit für das, was war. Statt uns auf das zu konzentrieren, was verloren geht oder schiefgelaufen ist, können wir uns an das erinnern, was diese Beziehung uns geschenkt hat.
"Wenn ich heute an meine Freundschaft mit Karin denke, dann nicht mit Trauer oder Ärger, sondern mit tiefer Dankbarkeit," sagte mir Ingrid. "Sie war da, als ich sie brauchte. Sie hat mich durch die schwierigste Zeit meines Lebens begleitet. Dass wir heute keine Freundinnen mehr sind, schmälert nicht den Wert dessen, was wir miteinander geteilt haben."
Diese Haltung der Dankbarkeit verändert alles. Sie befreit uns von Bitterkeit und Enttäuschung. Sie erlaubt uns, die Erinnerungen als Schätze zu bewahren, ohne uns an sie zu klammern. Sie öffnet unser Herz für neue Möglichkeiten, statt es im Schmerz über das Vergangene zu verschließen.
Was hat dir diese Freundschaft geschenkt? Welche Momente der Freude, des Trostes, des Verstehens habt ihr geteilt? Welche Seiten an dir konnten in dieser Beziehung erblühen? Diese Geschenke bleiben bei dir, auch wenn die Freundschaft endet.
Raum schaffen für Neues
Einer der wertvollsten Aspekte des bewussten Loslassens überlebter Freundschaften ist der Raum, der dadurch entsteht. Raum für neue Begegnungen, für Beziehungen, die zu der passen, die wir heute sind, nicht zu der, die wir vor zehn oder zwanzig Jahren waren.
"Nachdem ich akzeptiert hatte, dass sich mein alter Freundinnenkreis aufgelöst hatte, war ich zunächst traurig," erzählte Monika. "Aber dann merkte ich, wie befreiend es war. Ich konnte endlich authentisch sein, musste nicht mehr versuchen, in alte Rollen zu passen. Und erstaunlicherweise fand ich neue Freundinnen, die zu der Frau passten, die ich geworden war."
Das bedeutet nicht, dass wir alte Freundschaften leichtfertig aufgeben sollten. Es bedeutet, ehrlich zu prüfen: Nährt diese Beziehung noch beide Seiten? Oder halten wir aus Gewohnheit oder Verpflichtungsgefühl an etwas fest, was sich überlebt hat?
Manchmal erkennen wir auch, dass eine Freundschaft nicht ganz zu Ende ist, aber eine neue Form braucht. Vielleicht seid ihr keine Vertrauten mehr, aber könnt euch trotzdem ab und zu mit Freude begegnen. Vielleicht entwickelt sich aus der engen Freundschaft eine lockere, aber herzliche Bekanntschaft.
Die Weisheit der Lebensmitte
In unserer Lebensmitte haben wir oft die Weisheit entwickelt, zu unterscheiden zwischen dem, was bewahrenswert ist, und dem, was losgelassen werden darf. Diese Weisheit können wir auch auf unsere Freundschaften anwenden.
Wir müssen nicht mehr jeden sozialen Kontakt um jeden Preis erhalten. Wir können wählerischer sein, bewusster in unseren Beziehungen. Wir können die Energie, die wir früher in das Aufrechterhalten überlebter Verbindungen gesteckt haben, in das Vertiefen der Beziehungen investieren, die uns wirklich nähren.
"Mit Fünfzig habe ich gelernt, dass Qualität wichtiger ist als Quantität," sagte mir Petra. "Lieber wenige, aber tiefe Freundschaften als viele oberflächliche Kontakte. Das hat mein Leben sehr bereichert."
Diese Erkenntnis ist befreiend. Sie erlaubt uns, uns auf die Beziehungen zu konzentrieren, die wirklich wichtig sind, und die anderen mit Dankbarkeit und Frieden ziehen zu lassen.
Ein Ritual des Loslassens
Wenn du merkst, dass eine Freundschaft sich dem Ende zuneigt, kann es heilsam sein, diesen Übergang bewusst zu gestalten. Nicht unbedingt im Gespräch mit der anderen Person – manchmal ist das nicht möglich oder sinnvoll – sondern als innerer Prozess.
Das Dankbarkeits-Ritual:
Such dir einen ruhigen Moment und einen besonderen Gegenstand – vielleicht ein Foto von euch beiden, ein Geschenk, das sie dir gemacht hat, oder einfach ein schönes Blatt Papier.
Denke an eure gemeinsame Zeit und schreibe auf (oder denke bewusst daran):
- Drei Dinge, für die du ihr dankbar bist
- Drei schöne Erinnerungen, die du behalten möchtest
- Drei Eigenschaften an ihr, die du bewunderst
Dann sprich leise oder in Gedanken: "Danke für die Zeit, die wir miteinander hatten. Danke für das, was du mir geschenkt hast. Ich lasse dich mit Liebe ziehen und wünsche dir alles Gute."
Wenn du magst, kannst du den Gegenstand danach an einem besonderen Ort aufbewahren oder – wenn es sich stimmig anfühlt – symbolisch loslassen, indem du ihn verschenkst oder in der Natur zurücklässt.
Die stille Vollendung
Nicht jede Freundschaft braucht einen dramatischen Abschied oder ein klärendes Gespräch. Manchmal ist die stille Vollendung der würdigste Weg – ein allmähliches Ausklingen, bei dem beide Seiten spüren, dass es Zeit ist, loszulassen.
Das erfordert Fingerspitzengefühl und Achtsamkeit. Es bedeutet, ehrlich zu spüren, ob die Verbindung noch lebendig ist oder nur noch aus Gewohnheit aufrechterhalten wird. Es bedeutet, den anderen in seinem eigenen Prozess zu respektieren und nicht zu versuchen, etwas zu retten, was sich natürlich seinem Ende zuneigt.
"Manchmal ist Liebe auch das Loslassen," sagte mir eine weise Freundin. "Manchmal lieben wir jemanden am meisten, indem wir ihm die Freiheit geben, seinen eigenen Weg zu gehen – auch wenn dieser Weg nicht mehr mit unserem verwoben ist."
Ein neuer Blick auf Beständigkeit
In unserer Gesellschaft wird oft die Beständigkeit von Beziehungen als Qualitätsmerkmal betrachtet. "Echte Freunde bleiben für immer" – diesen Satz haben wir alle schon gehört. Aber vielleicht ist es Zeit für einen differenzierteren Blick.
Echte Freundschaft zeigt sich nicht nur in der Dauer, sondern in der Aufrichtigkeit, mit der wir miteinander umgehen. Manchmal ist es aufrichtiger, eine Freundschaft würdevoll zu beenden, als sie künstlich am Leben zu erhalten. Manchmal ist es liebevoller, jemanden ziehen zu lassen, als ihn in einer Beziehung zu halten, die beide nicht mehr nährt.
Die Erinnerung an eine Freundschaft, die zur rechten Zeit auf die rechte Weise endete, kann wärmer und kostbarer sein als die Fortsetzung einer Verbindung, die sich überlebt hat.
Ein Abschlusswort an dich
Liebe Leserin, wenn du gerade den Verlust einer Freundschaft durchlebst oder spürst, dass eine wichtige Verbindung sich dem Ende zuneigt, sei sanft mit dir. Diese Übergänge gehören zum Leben dazu, so wie Jahreszeiten kommen und gehen.
Es ist in Ordnung zu trauern um das, was war. Es ist in Ordnung, enttäuscht oder verwirrt zu sein. Aber erlaube dir auch, dankbar zu sein für das, was diese Freundschaft dir geschenkt hat, und offen zu bleiben für das, was kommen mag.
In der Lebensmitte haben wir die wunderbare Möglichkeit, bewusster und authentischer in unseren Beziehungen zu werden. Das schließt auch ein, zu erkennen, wann es Zeit ist, loszulassen – nicht aus Härte oder Gleichgültigkeit, sondern aus Liebe zu uns selbst und zu der anderen Person.
Mögest du die Weisheit finden, zu unterscheiden zwischen den Freundschaften, die es wert sind, gepflegt zu werden, und denen, die dankbar losgelassen werden dürfen. Mögest du Raum schaffen für neue Verbindungen, die zu der wunderbaren Frau passen, die du heute bist.
In herzlicher Verbundenheit, Deine Sehnsuchtsmomente-Redaktion
Hast du schon einmal eine Freundschaft bewusst losgelassen? Oder hältst du gerade an einer Verbindung fest, obwohl du spürst, dass sie sich überlebt hat? Ich würde mich freuen, wenn du deine Erfahrungen in den Kommentaren teilst – in diesem geschützten Raum für uns Frauen.